„Grenzgang“ zeigt Bilder des Krieges im freien Raum

Die Ausstellung in Sillian, Kartitsch, Sexten und Bruneck thematisiert ab 18. Juli 2014 das 100-Jahr-Gedenken an den Ersten Weltkrieg durch den Kulturschatz „Lichtbild“.

Rund um die Uhr „geöffnet“ ist die Ausstellung „Grenzgang. Das Pustertal und der Krieg 1914 – 1918″ – sie findet nämlich im freien Raum statt. Auf 600 Quadratmetern und mit rund 200 Fotos wird auf Ausstellungstafeln und -planen in Sillian, Kartitsch, Sexten und Bruneck der Dolomitenkrieg thematisiert. Die Ausstellung wurde vom Tiroler Archiv für photographische Dokumentation und Kunst Lienz-Bruneck (TAP) in Zusammenarbeit mit den vier Gemeinden konzipiert.

„Vordergründig war die Dolomitenfront von Mai 1915 bis Herbst 1917 Nebenschauplatz eines Nebenschauplatzes. Sie war lediglich Teil der gesamten Gebirgsfront und lag abseits des Hauptkampfgebietes zwischen Österreich-Ungarn und Italien, dem Isonzo“, erklärt dazu TAP-Leiter und Kurator Dr. Martin Kofler. Hintergründig lagen aber weite Bereiche des südlichen Bezirkes Lienz und des Südtiroler Pustertales direkt an der Front in Fels und Eis und waren heiß umkämpft bzw. von extremem Stellungskrieg bestimmt. „Durch das Kriegsschicksal der männlichen Familienmitglieder, die Verlagerung der bäuerlichen Arbeit auf die zuhause verbliebenen Ehefrauen, durch die italienischen Artillerieangriffe oder die Militärdiktatur vor Ort mit dem Hauptkommando des Rayons V in Bruneck hatte das Hinterland auf vielfache Weise engsten Kontakt mit den Bergfronten“, so Kofler. Bilder dieser so genannten „Heimatfront“ sind in der Ausstellung zu sehen.

Angehörige Landesschützen-Regiment Innichen III, 1914 (Fotograf: Unbekannt; Sammlung Karl Webhofer - TAP)

Angehörige Landesschützen-Regiment Innichen III, 1914 (Fotograf: Unbekannt; Sammlung Karl Webhofer – TAP)

In Sillian werden im Norden und Westen des Marktgemeindeamtes die örtliche Präsenz des k.u.k.-Feldjäger-Bataillons Nr. 6 vor 1914, aber auch die Mobilisierung der Standschützen als „letztes Aufgebot“ gegen Italien mit Fotos dargestellt. „Wir wollen mit dieser Ausstellung die Bevölkerung – vor allem auch die Jugend – für das auch heute noch in so vielen Teilen der Welt aktuelle Thema Krieg sensibilisieren. In Weitlanbrunn war während des Gebirgskrieges ein Lazarett eingerichtet, und in Arnbach gibt es einen Soldatenfriedhof mit über 100 Gräbern“, erzählt Sillians Bürgermeister Erwin Schiffmann.

Österreichische Feldwache beim Settsass/Gadertaler Dolomiten 191 (Fotograf: Anton Trixl; Sammlung Werkmeister Anton Trixl - TAP)

Österreichische Feldwache beim Settsass/Gadertaler Dolomiten 1916 (Fotograf: Anton Trixl; Sammlung Werkmeister Anton Trixl – TAP)

In Kartitsch wird auf dem Dorfplatz ein über 47 Meter langes Banner mit Bildern des Krieges vom Karnischen Kamm über die Sextener Dolomiten bis zum Col di Lana angebracht. „Unser Dorf war mit Ober- und Untertilliach vom Krieg in Fels und Eis ganz speziell betroffen. Am Hochgräntenjoch befindet sich auch der höchste Kriegerfriedhof Österreichs. Die Logistik war während des Ersten Weltkrieges bei uns gewaltig – Seilbahnen wurden gebaut, Telefonleitungen, Kraftwerke und sonstige Infrastruktur errichtet“, erklärt dazu der Kartitscher Bürgermeister Josef Außerlechner. Wie es den Menschen im Dorf – vor allem den Frauen – während des Gebirgskrieges ergangen ist, wird in Kartitsch im nächsten Jahr – 100 Jahre nach Beginn des Dolomitenkrieges – in einer eigenen Ausstellung zu sehen sein.

Das zerstörte Sexten 1917/18 (Fotograf: Anton Trixl; Sammlung Werkmeister Anton Trixl - TAP)

Das zerstörte Sexten 1917/18 (Fotograf: Anton Trixl; Sammlung Werkmeister Anton Trixl – TAP)

Die Fototafeln in Sexten zeigen die verheerende Zerstörung des Dorfes durch die italienische Artillerie im Jahre 1915. Der Ort befand sich direkt an der Gebirgsfront und wurde 1915 gewaltsam evakuiert. Von den Zerstörungen, der Präsenz des Militärs und dem beginnenden Wiederaufbau durch die zurückgekehrte Bevölkerung erzählen die Fotos. In Bruneck widmen sich beim Schloss und dem nahe gelegenen Waldfriedhof großflächige Prints dem Thema „Der leidende Mensch“. Fotos von Lazaretten am Berg und im Tal, von Tod und Begräbnis sowie von großen und kleinen Friedhöfen werden gezeigt.

Russischer Kriegsgefangenenfriedhof Kote 1717 beim Lager Incisa/Col die Lana 1917 (Fotograf: Anton Trixl; Sammlung Werkmeister Anton Trixl - TAP)

Russischer Kriegsgefangenenfriedhof Kote 1717 beim Lager Incisa/Col die Lana 1917 (Fotograf: Anton Trixl; Sammlung Werkmeister Anton Trixl – TAP)

„Diese Ausstellung ist die einzige, die derart grenzüberschreitend das 100-Jahr-Gedenken an den Ersten Weltkrieg regionalspezifisch und durch das Lichtbild gesehen thematisiert. Die Texte und Bildunterschriften sind nicht nur in Deutsch und Italienisch, sondern auch in Englisch verfasst. Es soll eine Freiluftschau für Einheimische und Touristen, vor allem aber auch für Schüler sein, deshalb auch die lange Laufzeit bis 28. September 2014″, betont Martin Kofler abschließend.

Die Ausstellung wird am Freitag, 18. Juli 2014, um 19.00 Uhr, am Platz vor dem Marktgemeindeamt Sillian durch Bürgermeister Erwin Schiffmann, den Tiroler LH-Stv. ÖR Josef Geisler und den Südtiroler Landesrat Philipp Achammer eröffnet. TAP-Obmann Dr. Richard Piock und TAP-Leiter Dr. Martin Kofler werden zur Ausstellung sprechen.

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: TAP

15. Juli 2014 um